Mundgesundheit und nichtübertragbare Krankheiten (NCD)
KONTEXT
Nichtübertragbare Krankheiten (NCD) werden heute allgemein als große Herausforderung für die Gesundheit und für die nachhaltige menschliche Entwicklung im 21. Jahrhundert angesehen. Munderkrankungen sind die am weitesten verbreiteten NCD und betreffen fast die Hälfte der weltweiten Bevölkerung. Diese Erkrankungen beginnen bereits in jungen Jahren und begleiten uns bis ins hohe Alter. Wir müssen es als wichtige Aufgabe ansehen, Munderkrankungen neben anderen NCD weltweit als Priorität der globalen Gesundheitspolitik zu etablieren.
GELTUNGSBEREICH
Munderkrankungen bleiben ein globales Gesundheitsproblem, das in erster Linie auf individuelle subjektive und hochriskante Verhaltensweisen zurückzuführen ist. Daraus folgen hohe Kosten und eine geringe Effektivität der Managementstrategien. Die vorliegende Stellungnahme weist deshalb auf die Bedeutung einer auf die gesamte Bevölkerung ausgerichteten Public Health-Politik hin, die unterschiedliche Gesundheitsberufe integriert.
DEFINITIONEN
Allgemeine Gesundheitsabsicherung: Alle Menschen können zu jedem Zeitpunkt und an jeden Ort und ohne finanzielle Härten die von ihnen gebrauchten qualitativ hochwertigen Gesundheitsdienste in Anspruch nehmen.
Salutogenese-Modell: befasst sich mit der Frage, wie Gesundheit entsteht, wobei der Schwerpunkt auf den Faktoren liegt, die die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden fördern, und nicht auf den krankheitsverursachenden Faktoren (Pathogenese).
GRUNDSÄTZE
Alle weit verbreiteten nichtübertragbaren Krankheiten (einschließlich oraler Erkrankungen) haben die gleichen sozialen Determinanten und eine Reihe gemeinsamer veränderbarer Risikofaktoren. Neben dem traditionellen Handlungsansatz, eine Veränderung der Lebensweise zu bewirken, sollten Zahnmediziner auch eine Vorgehensweise mit unterschiedlichen Strategien in Betracht ziehen, die die Förderung der Mundgesundheit begleiten können. Dazu gehören zum Beispiel Lebensverlaufsanalysen, das Salutogenese-Modell und soziales Kapital, um Ungleichheiten in der allgemeinen und zahnmedizinischen Versorgung zu verringern.
STELLUNGNAHME
Auch wenn diese Stellungnahme besonders über Strategien aufklärt, die soziale, ökologische und auf die Gesamtbevölkerung bezogene Aspekte berücksichtigen, ist sie gleichwohl auch zur Unterstützung individueller Strategien geeignet.
Die FDI empfiehlt die folgenden Maßnahmen:
- Gemeinsame beeinflussbare Risikofaktoren und soziale Determinanten
- Verzicht auf Rauchen und Verringerung des schädlichen Alkohol- und Zuckerkonsums durch Maßnahmen wie Steuererhöhungen und Werbebeschränkungen;
- Verringerung sozialer Ungleichheiten durch Verbesserung des Zugangs zu Gesundheitsdiensten und Gewährleistung unterstützender sozialer Bedingungen für benachteiligte Gruppen;
- Gleichzeitige Umsetzung von Konzepten für die allgemeine und orale Gesundheit in allen Politikfeldern, um Risiken für die Mundgesundheit, die Allgemeingesundheit und die gesundheitliche Chancengleichheit zu verringern, die aufgrund politischer Entscheidungen in anderen Bereichen entstehen;
- Durchführung kosteneffizienter, evidenzbasierter und die gesamte Bevölkerung einschließender Maßnahmen zur Förderung der Mundgesundheit; dazu gehören Aufklärungskampagnen, um über Möglichkeiten der Prävention von Oralerkrankungen durch die Vermeidung von Risikofaktoren aufzuklären und Anleitungen für eine gute tägliche Mundhygiene zu geben.
- Zusammenhänge zwischen Mundgesundheit und anderen Erkrankungen
- Verbesserte Prävention und Management von Komorbiditäten durch Stärkung der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen der Zahnmedizin und anderen Gesundheitsberufen.
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Aufnahme des Fachs Mundgesundheit in die Lehrprogramme anderer Gesundheitsberufe und sicherstellen, dass bei der Ausbildung von zahnmedizinischen Fachkräften Themen wie der Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und Allgemeingesundheit und interdisziplinäre Versorgung behandelt und die interdisziplinäre Versorgung gefördert werden.
- Allgemeine Gesundheitsabsicherung und medizinische Grundversorgung
- Integration der Mundgesundheit und Behandlung nichtübertragbarer Krankheiten (NCD) in alle Initiativen zum Erreichen einer allgemeinen Gesundheitsabsicherung.
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Der Personalbedarf für die Behandlung von oralen Erkrankungen und NCD ist bei der Gesamtpersonalplanung im Gesundheitswesen zu berücksichtigen. Dabei ist auf eine gleichberechtigte Verteilung des für Oralerkrankungen und NCD zuständigen Gesundheitspersonals innerhalb des Gesundheitssystems zu achten.
- Berücksichtigung aller Lebensphasen
- Es ist sicherzustellen, dass die Risiken für Oralerkrankungen und NCD in allen Lebensphasen durch eine verbesserte Ausbildung und Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe in angemessener Weise berücksichtigt werden.
- Gesundheitsförderliche Verhaltensweisen sind bereits im frühen Kindesalter durch Initiativen auf Ebene der Gemeinschaften und durch entsprechende Aufklärungsprogramme in Schulen zu unterstützen.
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Für Kinder muss ein gesundheitsförderliches Umfeld gewährleistet sein. So sind zum Beispiel gezuckerte Getränke und ungesunde Snacks in Schulen zu verbieten und stattdessen gesunde Lebensmittel zur Verfügung zu stellen.
- Überwachung und Erforschung von Krankheiten
- Die Überwachung von Oralerkrankungen und nichtübertragbaren Krankheiten (einschließlich der Überwachung von gemeinsamen beeinflussbaren Risikofaktoren) muss Teil des epidemiologischen Monitorings werden.
- Förderung der Forschung zu wirksamen Interventionen bei Oralerkrankungen und NCD unter Berücksichtigung der erfolgreichsten Sozial und Verhaltensinterventionen, um gemeinsame veränderbare Risikofaktoren zu verringern.
- Mundgesundheit, NCD und Entwicklung
- Integration der Themen Mundgesundheit und NCD in die Strategien und Überwachungsrahmen der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDG).
SCHLÜSSELWÖRTER
Nichtübertragbare Krankheiten, NCD, Komorbiditäten, veränderbare Risikofaktoren.
DISCLAIMER
Die Informationen in dieser Stellungnahme basieren jeweils auf dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Sie können so ausgelegt werden, dass sie existierende kulturelle Sensibilitäten und sozio-ökonomische Zwänge widerspiegeln.
LITERATURHINWEISE
- Accelerating action on oral health and NCDs -Achieving an integrated response. NCD Alliance and FDI, 2017. Weblink: https://www.fdiworlddental.org/sites/default/files/2020-11/ncda_fdi-policy_brief_oral_health_ncds.pdf
- Thomas Gerhard Wolf, Maria Grazia Cagetti, Julian-Marcus Fisher, Gerhard Konrad Seeberger, Guglielmo Campus. Non-communicable Diseases and Oral Health: An Overview. Front Oral Health, 2021; 2:725460. doi: 10.3389/froh.2021.725460://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/2021/
- Marco A Peres, Lorna M D Macpherson, Robert J Weyant, Blánaid Daly, Renato Venturelli, Manu R Mathur, Stefan Listl, Roger Keller Celeste,Carol C Guarnizo-Herreño, Cristin Kearns, Habib Benzian, Paul Allison, Richard G Watt. Oral diseases: a global public health challenge. Lancet, 2019; 394: 249–60.
- The Economic Rationale for a Global Commitment to Invest in Oral Health, white paper 2024. Available from: https://www3.weforum.org/docs/WEF_The_Economic_Rationale_for_a_Global_Commitment_to_Invest_in_Oral_Health_2024.pdf